Rechtliche Pflicht und naturschutzfachlicher Anspruch – Grüne Verkehrssicherheit mit Fingerspitzengefühl

Die sogenannte Grüne Verkehrssicherheit gehört zu den weniger bekannten Aufgaben der BERLINER STADTGÜTER GmbH. Ziel der Grünen Verkehrssicherung auf den Stadtgüterflächen ist es, einen verkehrssicheren Baumbestand zu erhalten. Die Berliner Stadtgüter führen die dazu notwendigen Maßnahmen im Einklang mit einem Leitbild durch, das den Lebensraum „Baum“ als wichtiges Gut versteht. Wann immer möglich, werden Bäume oder Baumteile erhalten. Denn selbst ein Reststamm ist ein wichtiges und heute selten gewordenes Habitat. Viele Pflanzen und Tierarten wie Flechten, Moose, Vögel, Bienen, Schmetterlinge und viele andere Insekten, aber auch Pilze, sind auf das Alt- oder Totholz angewiesen.

Bei der BERLINER STADTGÜTER GmbH sind Beate Sobioch und Christian Bergmann, Bereich Natur und Umwelt, für die sogenannte Grüne Verkehrssicherung zuständig. Hier geben sie einen Einblick in ihre Arbeit:

„Wir kontrollieren die Bäume auf unseren Flächen in der Regel alle 12 bis 15 Monate. Über die Jahre hinweg können wir die Veränderungen an unserem Baumbestand sehr gut beobachten und dokumentieren.

Neben der kontinuierlichen Baumkontrolle, langfristig geplanten Verkehrssicherheitsmaßnahmen und der frühzeitigen Auswahl interessanter Biotop- oder Habitatbäume im Wald, gibt es Ausnahmeereignisse, die zügiges Handeln erfordern. Stürme ziehen beispielsweise oft komplexe Maßnahmen nach sich. Die Schädigungen reichen von einzelnen Astbrüchen über komplette Kronenbrüche bis hin zum Abbrechen ganzer Bäume und dem Umwerfen von Bäumen samt Wurzelteller. Die Beseitigung der Sturmschäden ist technisch sehr anspruchsvoll und aufwendig und nicht mit einer normalen Fällung vergleichbar.

Der Eichenprozessionsspinner beschäftigt uns periodisch. Er wird insbesondere dann ein Problem, wenn es starke Befälle gibt. Die Nester des Nachtfalters werden nur an verkehrssicherungspflichtigen Orten entfernt, denn das Insekt an sich ist eine wald- und naturtypische Art.

Die größte Herausforderung für unsere Bäume sind aber die Klimaveränderungen. Dürre, Hitze und über die Sommermonate ungünstig verteilter Niederschlag setzen den Bäumen sehr stark zu. Die hoch bleibenden Schadprozente und Mortalitätsraten an unseren Baumbeständen sind ein deutliches Zeichen, wie extreme Witterungsereignisse und ihre Folgeschäden die Vitalität aller Baumarten – selbst der trockenheitstoleranteren – mindern.

Auch vor diesem Hintergrund bleibt wichtig, die Verkehrssicherung zum Schutz der Natur behutsam zu gestalten und auf das Nötigste zu beschränken. Wichtig bleibt auch, einen klimaangepassten, klimastabilen und zukunftsfähigen Gehölzbestand weiterzuentwickeln. Dies erfolgt im Wald vor allem über die Entwicklung eines Mischwaldes sowie die Neupflanzung von trockenheitstoleranten einheimischen Laubbäumen außerhalb des Waldes. Nur so kann das Grün, das für Mensch, Natur und Klima unersetzlich ist, langfristig erhalten werden.“

Fotos © BERLINER STADTGÜTER GmbH:

Foto 1: Reststamm einer Birke am Denkmalpfad in Großbeeren mit Baumpilz und zahlreichen Spechtlöchern. Die Birke wurde nicht vollständig entfernt, der Baumstamm ist ein wertvolles Habitat für Flora und Fauna.

Foto 2: Bewohnte Nist- und Lebensstätte in einem eingefaulten und von Pilzen besiedelten Eichenaststumpf mit einem darüber weit ausladenden Starkast in Wansdorf. Der Ast wurde nur eingekürzt und nicht entfernt, um die Bruthöhle langfristig zu erhalten.

Foto 3: Eine Schlupfwespe bei der Eiablage in einem seit mehreren Jahren liegenden Erlenstamm in Siethen.

Foto 4: Schlagartig abgestorbene Kiefern durch massenartiges Schlüpfen eines Kiefernborkenkäfers in Siethen. Die befallenen Bäume wurden schnellstmöglich gefällt und abtransportiert, um die Brutgrundlage zu entziehen und damit eine weitere Vermehrung des Schädlings zu verhindern.