NOVEMBER 2024

Pächter:innen im Porträt: Hiram Haus Neudorf in Klosterfelde

Die Bandbreite unserer Pächter:innen, Mieter:innen und Geschäftspartner:innen ist groß. In kurzen Porträts möchten wir einige davon vorstellen.

Hiram Haus Neudorf e. V. betreut Menschen mit Suchterkrankungen sowie chronisch psychischen Erkrankungen. Seit Anfang der 1990er-Jahre ist der Berliner Verein auch in Brandenburg tätig. In Neudorf, Ortsteil von Wandlitz, hat Hiram Haus rund 20 Hektar landwirtschaftliche Fläche von der BERLINER STADTGÜTER GmbH gepachtet. Die Flächen und Gebäude gehörten vormals zum historischen Stadtgut Lanke. Frau Köppe ist Teil der Geschäftsführung von Hiram Haus Neudorf e. V.

Neudorf ist ein wunderbarer Ort inmitten von Feldern und Wäldern.

Frau Köppe, was ist das Besondere am Neudorfer Hiram Haus?
Neudorf ist ein wunderbarer Ort inmitten von Feldern und Wäldern. Er bietet den Menschen Ruhe und Besinnung, die Möglichkeit, durch Begegnungen neue Kraft und Mut zu schöpfen und einen neuen Zugang zum Leben zu finden. Wir bieten ein Zusammenspiel aus sinnvoller Tagesstruktur durch Arbeitstherapie, gesunde Ernährung mit vielen selbst erzeugten Produkten, Herstellung eines Tag-Nacht-Rhythmus, begleitende Therapien wie Kunsttherapie, Musik- oder Körpertherapie und Gesprächsangebote.

Was macht der gemeinnützige Verein?
Hiram Haus Neudorf e. V. hält verschiedene Betreuungsangebote vor. Aktuell haben wir 56 Plätze. Drei bis acht Menschen leben in Wohngemeinschaften zusammen. Hier wird gemeinsam geplant, eingekauft, gekocht, gegessen und gehaushaltet. Wir haben keine Zentralküche. Der Alltag eines Jeden wird durch therapeutische Angebote begleitet, die individuell zusammengestellt und gemeinsam immer wieder reflektiert und angepasst werden. Wir begleiten den Weg in eine größtmögliche Eigenständigkeit und können auch beim Wechsel in Wohnraum außerhalb unserer besonderen Wohnform unterstützen. Wir vermieten Einzelappartements oder WG-Zimmer auf dem Hof oder in Klosterfelde, wobei gleichzeitig das Angebot der Tagesstruktur weiter angenommen werden kann. Im Haus Magnolia betreuen wir Familien, in denen Mutter oder Vater von einer chronisch psychischen und/oder Abhängigkeitserkrankung betroffen sind. Hier ist eine besondere und intensive Beziehungsgestaltung möglich, wobei die Verantwortung für die Kinder bei den Eltern bleibt.

Sie wirtschaften seit über 30 Jahren in Neudorf, haben am Brandenburger Standort viel historische Substanz gerettet und auch neu gebaut. Was waren Meilensteine der Sanierungsgeschichte?
Das Westhaus, der ehemalige Schweinestall, wurde hochgesetzt. So nutzen wir das Obergeschoss als Verwaltungs- und Therapiebereich und das Erdgeschoss als Wohnbereich. Unsere heutige „Villa Sorgenfrei“ war sehr zerfallen und trotzdem wohnten dort Menschen neben ihren Tieren unter einem Dach. Heute ist das Gebäude in drei Bereiche aufgeteilt: Mitarbeiterbereich, Wohngemeinschaft und Arbeitstherapie. Fortwährend versuchen wir das Haupthaus, ein altes Fachwerkhaus, die große Scheune im Zentrum des Dorfes und die großen Stallungen, ehemals für die Rinderhaltung gedacht, instand zu halten. Eines der Stallgebäude wurde über viele Jahre zu einem unserer Herzstücke der Arbeitstherapie umgebaut: der Tischlerei. Nicht alle Gebäude konnten erhalten werden, so dass mittlerweile zwei Neubauten entstanden sind. Das Haus Turmalin, das 24 Menschen ein Zuhause bietet und das Appartementhaus mit Platz für 12 Menschen.

Eine besondere Herausforderung so ganz weit draußen und beim Umbau von Ställen zu Wohnraum stellte die Abwasserversorgung dar.

Unsere Idee von einem möglichst autarken Dörfchen umfasste auch eine Schilfkläranlage und die Bebauung aller Dächer mit PV-Anlagen. Das Abwasser wird an der tiefsten Stelle des Dorfes gesammelt und dann mit Hilfe einer Hebeanlage zur Schilfkläranlage transportiert. Meterlange Rohre, die in regelmäßigen Abständen erneuert werden müssen, sind verlegt worden oder werden noch verlegt. Zudem begleiten uns weiterhin zwei Themen: die Versorgung mit starkem Internet und das Heizungskonzept für die kommenden Jahre.

Die Arbeitstherapie ist ein wichtiger Bestandteil Ihres Konzeptes. Die Bewohner:innen arbeiten in den Bereichen Handwerk, der ökologischen Landwirtschaft, der Tierhaltung, in der Hauswirtschaft und im Garten. Kann man die Holzarbeiten oder das vor Ort produzierte Obst und Gemüse erwerben, um den Verein zu unterstützen?
In der Tischlerei wird Holzspielzeug und Weihnachtsdekoration von Hand angefertigt. Die Möbel der Wohngemeinschaften und Gemeinschaftsbereiche werden instandgehalten. Grundsätzlich haben wir keine externen Aufträge zur Herstellung von Produkten. Die Arbeit mit dem Holz dient eher dem therapeutischen Prozess. Sie bietet eine sinnvolle Tagesstruktur und „zufällig“ entstehen wunderbare Dinge. Ein Verkauf erfolgt auf Weihnachtsmärkten oder auf Zuruf. Die Produkte der Landwirtschaft werden über die Marktschwärmer oder unseren Hofladen verkauft. Der Hofladen hat in der Saison immer am Mittwoch- und Freitagnachmittag offen. Die Winterzeit ist etwas ruhiger.

Gibt es neue Vorhaben und Ideen, von denen Sie erzählen möchten?
Ja, wir haben in diesem Jahr ein baufälliges Gebäude, die ehemalige Schule des Dorfes, abreißen müssen. Dort entsteht ein neues „Haus Biedermann“, wie wir es nennen, mit sieben Appartements. Zudem entsteht auf einem ungefähr zwei Hektar großen Flurstück eine Agri-PV-Anlage in Form von vertikalen Solarzäunen, zwischen denen Landwirtschaft betrieben wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

Fotos: Hiram Haus e. V. und BERLINER STADTGÜTER GmbH